Der heilige Kolumban, Schutzpatron unserer Kirchengemeinde

kolumbanUnsere Vorfahren wählten sich als Schutzpatron Kolumban, den bedeutendsten der iro-schottischen Wandermönche. Er wurde um 540 in der Provinz Leinster im Südosten lrlands geboren. Gestorben ist er im Jahre 615 in Bobbio in Italien, wo er sein letztes Kloster gegründet hatte. Dort befindet sich auch sein Grab.

Über die Lebensgeschichte Kolumbans ist relativ viel bekannt, da bereits drei Jahre nach seinem Tod ein Mönch namens Jonas, der im Kloster von Bobbio lebte, damit begann, Kolumbans Biografie aufzuschreiben. Jonas berichtet, Kolumban sei schon als Kind ein “Energiebündel” und außergewöhnlich wissbegierig gewesen. Entgegen dem ausdrücklichen Wunsch seiner Mutter fasste er in sehr jungen Jahren den Entschluss, in ein Kloster zu gehen und Mönch zu werden. In der Nähe von Ulster in Nordirland trat er in das Kloster Cluain-Inis ein und legte die Mönchsgelübde – Armut, Keuschheit und Gehorsam – ab. Sein Tagewerk bestand danach aus der Einhaltung der klösterlichen Gebetszeiten, der Pflege des Chorgesangs und dem Studium der Heiligen Schriften in lateinischer, griechischer und hebräischer Sprache. Zu dieser Zeit entstand in Bangor, ganz in der Nähe von Belfast in Nordirland, unter dem gelehrten Abt Comgall ein Zentrum der geistigen Elite Irlands. Der Abt von Cluain-Inis, der beeindruckt war von Kolumbans geistigen Qualitäten, schickte diesen 558 zum Weiterstudium nach Bangor. Dort empfing Kolumban die Priesterweihe und wirkte danach ungefähr zwanzig Jahre als Lehrer in diesem Kloster. Das Leben der Mönche in Bangor war jedoch keineswegs leicht. Die irischen Mönchsregeln waren geprägt von der harten Askese der keltischen Druiden und außerordentlich streng. Kolumban unterwarf sich diesen Regeln mit eiserner Disziplin.

Im Alter von ca. 45 Jahren entschloss er sich, seine Heimat zu verlassen und mit zwölf Gefährten aufzubrechen zur Pilgerschaft und zur Heimatlosigkeit um Christi willen (Peregrinatio propter Christum). Der Aufbruch zur „Pilgerschaft und zur Heimatlosigkeit um Christi willen“ war das besondere Merkmal des keltischen Mönchtums, das beseelt war von dem leidenschaftlichen Wunsch, Gott in der Fremde, an unbekannten Orten, in unbekannten fremden Menschen zu suchen und zu finden. Also nicht andere zu bekehren und zu missionieren, sondern sich selbst zu lösen aus jeder persönlichen Bindung, um so völlig frei und ungehindert Christus nachzufolgen.

Mit einem kleinen Schiff stachen Kolumban und seine Gefährten – darunter Gallus, der spätere Klostergründer von St. Gallen – in See, erreichten zuerst die Südküste Englands und danach das Festland bei Saint Malo an der Westküste Frankreichs. Predigend zog er mit seinen Mönchen auf den alten Römerstraßen durch das Land, und benützte die Flüsse als Wasserstraßen zum bequemen Reisen. Über Rouen und Soissons erreichten sie Reims. Dort hörte der Merowingerkönig Sigebert vom segensreichen Wirken der Mönche aus Irland. Er bat Kolumban, sich mit seinen Gefährten in seinem Herrschaftsbereich niederzulassen.

So gründete Kolumban in Annegray, in den südlichen Vogesen, zunächst ein kleines Kloster mit spartanisch einfachen Zellen. Der Zustrom von bildungshungrigen, nach Orientierung suchenden jungen Männern zu der Mönchsgemeinschaft war jedoch so gewaltig, dass er im Jahr 590 in Luxeuil sein erstes großes Kloster errichten ließ. Die Ausmaße des Klosters von Luxeuil müssen beeindruckend gewesen sein. Luxeuil wurde schnell zum geistigen und kulturellen Zentrum des Merowingerreiches und Könige und Fürsten holten sich Rat bei Kolumban. Das Kloster wurde weit über die südlichen Vogesen hinaus bekannt durch seine hervorragende Schule. Ungefähr zwanzig Jahre lang wirkte Kolumban als Abt dieses Klosters. Zur Versorgung mit Nahrungsmitteln gründete er das dritte Kloster Fontaines, dem sogenannten „Kornspeicher“ von Luxeuil. Innerhalb von 30 Jahren sollen von Luxeuil aus über hundert weitere Klöster gegründet und aus diesen rund zehntausend Mönche hervor gegangen sein.

Kolumban – der Mann voll Kraft, Energie und Ideen – zog sich in dieser Zeit oft tagelang zurück in eine einsame Höhle um zu beten. Es war sicher keine leichte Aufgabe als Abt für eine so große Mönchsgemeinschaft zu sorgen. Die Regeln für das Zusammenleben waren äußerst streng. An oberster Stelle stand der absolute Gehorsam gegenüber dem Abt, jedes Zuwiderhandeln wurde hart bestraft. Das Maß des verlangten Gehorsams ist für uns heute unvorstellbar. Doch trotz der Strenge, mit der Kolumban die wachsende Mönchsgemeinschaft zusammenhielt, galt er als hervorragender Lehrer und als vorbildlicher Erzieher voll väterlicher Güte. Sein Einfluss auf die kulturelle, die kirchliche und die politische Entwicklung des Merowingerreiches war sehr groß. Doch als Kolumban es wagte, das verantwortungslose Verhalten des jungen Königs Theuderich und die sittliche Verwahrlosung am Königshof in aller Öffentlichkeit zu kritisieren, musste er seine Klöster verlassen.

610 wurde er von Theuderich und dessen Mutter Brunhilde (Witwe von König Sigebert) des Landes verwiesen und sollte mit den Mönchen, die mit ihm aus Irland gekommen waren, in seine Heimat zurückgeschickt werden. Doch das Schiff wurde an die Küste Frankreichs zurückgetrieben. Kolumban sah darin einen Fingerzeig Gottes und er entschloss sich, seine Pilgerschaft auf dem Festland fortzusetzen. Er umging den Herrschaftsbereich Theuderichs und begab sich mit seinen Gefährten nach Metz an den Hof von König Theudebert, einem Bruder Theuderichs. Die beiden Brüder kämpften erbittert um ihre Machtbereiche. Theudeberts Herrschaftsgebiet erstreckte sich bis über den Bodensee hinaus und er nötigte Kolumban das Versprechen ab, im südlichen Teil seines Reiches den Heiden das Christentum nahe zu bringen und ein neues Kloster zu gründen.

Zunächst wirkte er in der Nähe von Wangen, zog dann weiter nach Arbon, Rorschach und an den Zürcher See. Später gelangte er nach Bregenz. Dort fand er eine verlassene Aureliuskapelle, ein Zeichen schon früherer Christianisierung dieser Gegend. Doch die hier lebenden Alemannen waren ins Heidentum zurück gefallen und Kolumbans Versuche, sie von ihren magischen Gottesvorstellungen abzubringen und sie erneut für den Glauben an Jesus Christus zu gewinnen, hatten keinen Erfolg. Zudem gelang es dem Merowinger Theuderich immer mehr, die Herrschaftsgebiete Theudeberts zu erobern und seine Macht bis an den Bodensee auszuweiten.

So machte sich Kolumban noch einmal auf den Weg, um vor dem König zu fliehen, der ihn aus Luxeuil vertrieben hatte. Im Alter von über siebzig Jahren überquerte er die Alpen und wanderte nach Mailand, wo er mit dem Langobardenkönig Agilulf und dessen Gattin Theodelinde zusammentraf. Mit deren Hilfe gründete Kolumban sein letztes Kloster in Bobbio im Tal der Trebbia. Dort starb er am 23. November 615, nach neueren Forschungen wahrscheinlich erst am 21. November 616.

Unsere Kirchengemeinde feiert den Festtag ihres Schutzpatrons nach alter Tradition am 23. November. Dargestellt wird der Heilige mit einer strahlenden Sonne auf der Brust, in der rechten Hand den Pilgerstab, in der linken Hand die Heilige Schrift, manchmal mit einer Taube auf der Schulter.

(Nach: Marguerite-Marie Dubois: Un pionnier de la civilisation occidentale: Saint Colomban. Editions Alstasia. Paris 1950.)

In den vergangenen Jahren erwachte in Wendlingen neu das Interesse an der Person des großen Heiligen, der von Papst Pius XI. „Pionier der Zivilisation Westeuropas“ genannt wurde. Dass ihm dieser Ehrentitel zu recht verliehen wurde, davon sind alle überzeugt, die an einer der 3 Wallfahrten „Auf den Spuren des Heiligen Kolumban“ teilnahmen:

1995 Radwallfahrt zum Grab nach Bobbio/Italien

1997 Radwallfahrt nach Annegray und Luxeuil/Frankreich

1999 Flug- und Busreise nach Bangor bei Belfast/Nordirland

Rosemarie Hauswirth, April 2002